Das schwarze Buch der Farben ist ein sehr besonderes Buch, das sich gleichermaßen an Sehende als auch sehbehinderte und blinde Menschen richtet. Möglich wird dies durch parallel eingesetzte Texte zum Sehen und zum Fühlen in geprägter Blindenschrift. Inhaltlich geht es um Thomas, der auf zehn Seiten einfach, aber sehr sinnlich beschreibt, wie er Farben hörend, riechend, fühlend und schmeckend wahrnimmt. Hierbei ist er teils sehr subjektiv und bezeichnet schwarz z.B. als die Königin der Farben, da er hiermit die Umarmungen seiner Mutter und das seidig-weiche Gefühl des Umhülltseins von ihren Haaren verbindet. Diese subjektive Sicht lädt dazu ein über individuelle Wahrnehmungen zu sprechen, bei denen es kein Richtig oder Falsch gibt.
Die illustrierenden Bilder stellen meist eine von mehreren Assoziationen dar und wurden ganz ohne Farben in unbedenklichem Relieflack aufgetragen. Sehende Menschen erkennen diese Bilder durch den Glanz des Lackes auf dem matten Papier und sehbehinderte bzw. blinde Menschen können diese fühlend verstehen.
Was ist besonders an diese Buch?
Das schwarze Buch der Farben schafft es mit sehr einfachen Mitteln sowohl sehenden als auch nicht (gut) sehenden Menschen gerecht zu werden und damit einen wichtigen Meilenstein hin zu einer inklusiveren Bilderbuchlandschaft zu setzen.
Besonders ist zudem, dass sowohl der sehende, als auch der fühlende „Blick“ gleichwertig und neugierig machend nebeneinander stehen und es am Ende eine Darstellung des Braille-Alphabet und der Zahlen von 0-9 gibt.
Das schwarze Buch der Farben beeindruckt durch seine Originalität und wurde mit dem Bologna Ragazzi Book Award ausgezeichnet. Kritisch anzumerken ist jedoch, dass sehbehinderte bzw. blinde Menschen zumindest beim ersten Lesen Begleitung beim Lesen dieses Buches benötigen, da sich das Gefühl der gedruckten Bilder von den Gefühlen beim Berühren der realen Erscheinungsformen stark unterscheidet. Eine Erklärung des Bildes in Blindenschrift ist leider nicht vorhanden. Dennoch ist es für sehbehinderte bzw. blinde Kinder sicher sehr bereichernd fühlend zu erfahren welche Formen sehende Kinder wahrnehmen, wenn sie Bilder betrachten. Und auch sehende Kinder erweitern ihren Horizont und ihr Verständnis für alternative Wahrnehmungsformen. Es macht Freude ihnen dabei zuzuschauen, wie sie versuchen die Bilder mit geschlossenen Augen zu erkennen.
Inhaltlich kritisch anzumerken ist, dass Wasser als farb- und geschmacklos beschrieben wird. Zumindest letzteres wirkt wenig überzeugend, wenn man bedenkt, dass die Sinne nicht (gut) sehender Menschen i.d.R. deutlich geschärft sind. Wasser hat selbst für Sehende viele Gerüche und Geschmäcker: Manchmal leicht eisenhaltig oder nach Chlor, Sommerregen, modrigem Tümpel oder salzigem Meer. – Aber auch das ist ja etwas, was man mit Kindern besprechen kann.
(Sabrina)
Verlag: FISCHER Kinder- und Jugendbuch
Erscheinungsjahr: 2008 (deutschsprachige Ausgabe)
Seitenzahl: 24
ISBN: 978-15362-1978-3-596-85305-2